Fachliteratur

Inhalt

Ich habe mir dieses Fachbuch aus zweierlei Gründen als erste Literaturempfehlung für pädagogisches Fachpersonal für den Frühlings-WunderBallon ausgesucht: zum einen ist mir die Autorin, Ulrike Erb-May, persönlich bekannt. Ich habe mehrere Jahre lang mit ihr zusammengearbeitet und bin von ihr mit ausgebildet worden. Viel wichtiger aber: ich suchte nach einem Fachbuch, das kurz aber präzise Basiswissen zu literacy und zur Literaturpädagogik und ihre Einsatzmöglichkeiten vermittelt. Und das bringt dieses 127 Seiten starke Büchlein alles mit. Darüber hinaus gibt es Pädagog*innen einige (erprobte) und vor allem konkrete Praxisideen mit auf den Weg.

Theorie

Das Buch ist aus der Beltz NIKOLO Reihe „KITA KOMPAKT“ und so darf es sich wirklich nennen. Die Theorie nimmt ungefähr ein Viertel des Buches ein. Dort geht Ulrike Erb-May darauf ein, was literacy-Erwerb bedeutet und wie die Literaturpädagogik bei diesem unterstützen kann.

Dort heißt es: „Die Literaturpädagogik wurde entwickelt, um allen Kindern den Einstieg in die Welt der Literatur so zu erleichtern, dass sie Freude und Motivation für das Zuhören und später das Selberlesen entwickeln. […] durch unterschiedliche Einstiege in ein Buch oder durch kreative Umsetzungen von Inhalten und Gestaltungselementen […] (ebd., S.8). Dabei bediene sich die Literaturpädagogik unterschiedlicher Kunstsparten und habe dadurch eine Vielfalt an Methoden zur Verfügung, um Kindern „Räume zum Fantasieren zu öffnen“ (S.9).

Im Anschluss umreißt sie die kindliche Entwicklung im sprachlichen wie bildnerischen Bereich. Sie zeigt auf, dass Sprachentwicklung nur durch ein gemeinsames Tun funktioniert und gibt Tipps, wie die sprachliche Unterstützung durch Achtsamkeit und „Modellierung“ gelingen kann (S 12). Im bildnerischen Bereich geht es um die Wahrnehmung und dass diese nur durch „Erfahrung“ geschult wird (S. 13) – von den inneren Bildern, zu den abgebildeten Illustrationen zu neuen Bildern, die im Kopf entstehen.

Um dann Bildungsprozesse bei Kindern zum Laufen zu bringen, ist es notwendig, die Literatur NICHT zu „funktionalisieren“, die Literatur nicht ZUR Erziehung nutzen (S. 13). Das Kind brauche den Raum „[i]nnere Bilder entstehen [zu lassen], es entdeckt Möglichkeiten in sich, ist kreativ und bildet sich selbsttätig fort“ (s.o.).

Im nächsten Teil erklärt sie die Bedeutung von literacy, welche „Erfahrungen für den literacy-Erwerb“ (ebd., S. 15) notwendig sind, um alle notwendigen Fähigkeiten vor dem Schuleintritt erlangt zu haben. Dazu gehören die „Auseinandersetzung mit Literatur“, das Erkennen der „symbolischen Bedeutung von Schrift“ und des Unterschieds zwischen „Alltagssprache“ und „Schriftsprache“ und die „Empathie […] mit den literarischen Figuren“, um einen Abgleich mit der eigenen Lebenswelt schaffen zu können (S 16).

Im Anschluss stellt sie noch die unterschiedlichen Methoden der Literaturpädagogik vor: die Kunstformen des Erzählens und Vorlesens, sowie einige (einfach umzusetzende) Theaterformen. Im Mittelpunkt stehen jedoch „Dialogisches Lesen, Vorlesen, Bilderbuchbetrachtung“ (S.23) und die „Kreativen Vermittlungsmethoden“ (S. 25) für eine partizipative, erlebnisreiche und somit nachhaltige Leseförderung. Damals wie heute ist mein Liebling der altbekannte „Häh-Effekt“ (s.o.), der Kinder neugierig auf die Geschichte, bzw. das Buch macht.

 

Praxis

Wie zu sehen ist, viel Wissen reduziert, doch leicht verständlich, auf wenigen Seiten. Dem schließen sich einige Vorüberlegungen für Projekte generell (Projektplanung, Rahmenbedingungen, Zielsetzung) und Praxisideen für verschiedene Angebote an. Die Themenvielfalt ist auch hier breit gefächert: ein interkulturelles Projekt, eins, in dem Kinder selbst zum Erzählen angeregt werden sollen, eins, indem es ums Verlassen eines familiären Umfelds geht (Stichwort Übergang Schule) und natürlich darf auch ein Märchen-Projekt nicht fehlen. Die Projektabläufe werden für jede Einheit detailliert dargelegt, mit Beschreibungen der Methoden und des benötigten Materials. Die Autorin beschreibt, wie auf das jeweilige Buch vorbereitet wird und was bei der Durchführung zu beachten ist. Die Einheiten sind ganz praktisch konzipiert, sodass sie so (oder in abgewandelter Form) in der Kita durchgeführt werden können.

Fazit

Ich habe dieses Buch mehrmals durchgeackert (ja es sind regelrecht Furchen durch das Unterstreichen wichtiger Passagen durch die Seiten gepflügt worden), weswegen die kompakte Länge gerade ideal war, um alles aufzusaugen und sich zu bewahren. Es war für mich ein prima (Wieder-)Einstieg in die Materie, um mich für meine Spezialisierung auf Kitas zu rüsten und von da aus dann auf umfangreichere Literatur zu kommen. Möchte man sich einen groben Eindruck zu dem Thema literacy(-Erwerb) und Methoden der Literaturpädagogik verschaffen, ist dieses Buch ein sehr guter Begleiter! Und ihr Schlusswort hält noch einmal eine Wahrheit fest, die ich somit weitergeben möchte: „Schließlich ist es wie mit allem Neuen, das wir lernen: neben Motivation und Freude sind Geduld, Genauigkeit und Üben nötig, um literaturpädagogisch arbeiten zu können“ (S. 126).

Vielen Dank, liebe Ulrike Erb-May, für deine Geduld mit lernenden Menschen wie mir und dafür, dass du, wenn es auch nur einen Bruchteil deines enormen Wissens ist, dieses Buch geschrieben hast!

Seid mutig, bleibt neugierig!

„Sprechen, Lesen, Schreiben –
Literacy für Vorschulkinder“
Text: Ulrike Erb-May
Verlag: Beltz NIKOLO
Erscheinungsjahr: 2017
ISBN: 978-3-407-72753-4
Coverbild: Copyright Beltz Verlag