Welten erlesen – für Kinder, die Geschichten verstehen

Der erste Eindruck

Ein Entscheidungsbuch? Super! Das schau ich mir später einmal in Ruhe an und schaue, ob es wirklich in alle Richtungen funktioniert. Das war wohl ncihts, denn kaum hatte ich das Buch aus dem Karton befreit, schnappte es mir das älteste Bücherfresserchen aus der hand und blätterte interessiert zu der Übersichtskarte. „Können wir uns das bitte jetzt sofoert anschauen, biiiiitteeeee?!“ – Oooookay.

Ich erinnere mich, dass ich so mit acht oder neun Jahren ein ähnliches Buch (ich hab irgendwie ein „Dungeons und Dragons“-Gefühl wenn ich daran zurückdenke) in der Hand gehabt und konnte nicht aufhören darüber zu staunen, dass ich selbst den Weg entscheiden kann und diese kribbelige Aufregung im Bauch beim blättern, wofür ich mich da bloß entschieden habe. Deswegen war ich auf Bücherfresserchens Seite und wir haben zwei Durchläufe direkt hintereinander gelesen. Wir waren jedenfalls begeistert! und auch, wenn die beiden großen Kinder die einzelnen Orte nun kennen, versuchen sie immer wieder neue Kombinationen beim Lesen zu „laufen“.

Die Geschichte

Hannes und Grete, Geschwister und die Hauptfiguren der Geschichte, sind mit ihrem Vater (wo ist die böse Stiefmutter eigentlich?) bei ihrer Oma zu Besuch, die direkt an einem Wald wohnt. Ausgangspunkt für die immer neuen Abenteuer der Geschwister.

Wie der Untertitel und die Aufmachung des Covers schon vermuten lässt, entscheiden die Leser*innen und/oder Zuhörer*innen, wie es nach der Einführung weiter und zu Ende geht – nur um dann noch einmal von vorne anzufangen und zu sehen, wie der Weg dann verläuft und wen die Kinder auf ihrer Reise treffen.

So gibt es jedes Mal zwei Auswahlmöglichkeiten am Ende eines Kapitels: dahin oder dorthin, mit entsprechender Seitenangabe. Weiterblättern, weiter geht’s. Die Kapitel sind so in sich abgeschlossen, dass sie nicht aufeinander aufbauen und auch die Enden sind unterschiedlich.

Die Kinder treffen so auf einen Insekten-Jahrmarkt, etwas verrückte Zwerge, Tierfamilien, ängstliche Wasserungeheuer, einen Geist, einem Nebelkraken und natürlich Einhörnern und Elfen. Doch immer finden die Kinder den Weg zurück zu Omas Haus.

Alle „Enden“ haben gemein haben, dass der Vater ungläubig der Abenteuererzählung der Geschwister gegenüber ist, die Oma aber einen Moment hineinbringt, der der Geschichte den Wahrheitsfunken gibt.

Sprache und Illustrationen

Zwei Illustratorinnen tun sich zusammen und gehen es mal von der anderen Seite an: Idee haben, illustrieren und dann schreiben – spannend. Das habe ich allerdings erst nach dem zigsten Mal Vorlesen herausgefunden. Hat auf jeden Fall gut funktioniert! Die Geschichten lassen sich super vorlesen, kein Geholper über merkwürdige Formulierungen, die es in einem Vorlesebuch auch nicht geben sollte. Dass auch noch zwei Illustratorinnen die Bilder gemeinsam gestaltet haben, fällt auch nicht auf. Alles wirkt sehr rund und eigentlich eher wie aus einer Hand!

Fazit

Unser meistgelesenes Vorlesebuch seit langem. Es wird immer wieder hervorgekramt und die Kinder erzählen sich die Geschichten noch einmal, während sie mit den Fingern über die Karte gehen. Einige neue Stationen wurden auch schon dazu erfunden.

Gerade das „Mitentscheiden“-Gefühl macht wohl den besonderen dieses tollen Kinderbuchs aus!

„Im Wald der wundersamen Wege“
Text und Illustration: Ramona Wultschner und Lisa Hänsch
Verlag: esslinger
Erscheinungsjahr: 2022
ISBN: 978-3-480-23728-9
Coverbild: Copyright Thienemann-Esslinger Verlag

Vielen Dank dem Thienemann-Esslinger Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplares!